Eigene Texte - seit 1998


"Wenn eine Wand und ein Bild sich verlieben"...

... geschieht mit einem Raum etwas ganz Besonderes. Er beginnt "anders zu schwingen", könnte man sagen. Sicher kennen Sie das Gefühl. So jedenfalls erlebe ich es. Das geschieht schon, wenn ich einfach mal vorhandene Bilder umhänge. Schon meine Mutter hat das immer wieder gemacht, sogar letztes Jahr noch (damals 92 Jahre alt) veränderte sie plötzlich, nach langer Zeit, mal wieder ein Zimmer indem sie 3 Bilder umhängte. Wie sehr ihr die Freude darüber anzumerken war! Auch ich wurde in der Weihnachtszeit aktiv und erfreue mich noch immer täglich an vorgenommenen kleinen Änderungen: ein neuer Lampenschirm, eine andere Decke und auch 2 ältere Bilder aus meinem Lager passen nun gefühlt perfekt neben den neuen Kaminofen in meinem Wohnatelier. Heute dachte ich dazu: Genau, die Wand und die Bilder haben sich verliebt!

 

Gerade die eher dunkle, kalte Jahreszeit, die ich viel im Haus verbringe, eignet sich bei mir für solche Aktivitäten. Das Wohlbefinden in meinen eigenen 4 Wänden steigt, wenn ich ab und zu überprüfe: stimmt mein Wohnen noch mit mir überein? Kann ich mit vielleicht auch nur kleinen Änderungen im Außen eine höhere Resonanz zu meinem Inneren erzeugen? Wobei wir wieder bei den Schwingungen wären...

© Susanne Hauenstein, 25.Februar 2024 (anläßlich einer Rundmail, für die ich erstaunlich viele positive Feedbacks erhielt. Deshalb hier noch einmal.)


Woran mag es liegen, daß sich in der bewußt gewählten GEGENWART von Kunst unser Erleben von Zeit zu verändern scheint? Hat es mit den Orten zu tun, an denen sie präsentiert wird? Oder sind es die bewegungslosen, stillen Werke selbst, die in unserer schnellen Kultur so wohltuend anachronistisch wirken? Manche von ihnen gibt es seit Jahrhunderten und Jahrtausenden. (Da gleichen sie sehr alten Bäumen.) Egal was ihr Anblick auslöst, egal, was über sie gedacht wird, ob sie verspottet oder bewundert werden: sie sind einfach da. Und BLEIBEN. Und tun nichts anderes als dauerhaft davon Zeugnis abzulegen, was eine Künstlerin oder ein Künstler einst innerlich und äußerlich schaute und mit ihren bzw. seinen Hände schuf.

© Susanne Hauenstein, 11. September 2021


Anfang 2021 wurde ich von einem Journalisten gefragt, woher in der Regel meine Inspirationen für neue Bilder und Kunstwerke kommen. 

Hier die Überarbeitung meiner Antwort: 

 

Als Anregung dient mir nur selten das Gegenständliche, das bereits sichtbar Gewordene. Dem folge ich lieber mit dem Fotoapparat. Beim Malen hingegen sind es eher Gedanken und Einsichten, die ich in Gesprächen, beim Lesen, durch ein Kunstwerk oder durch die Beschäftigung mit den Kulturen der Welt erfahre. Oder aus der Stille, dem Nichts-Müssen. Ich schöpfe viel aus einer spielerischen Haltung dem Leben gegenüber und finde es wichtig, immer wieder neue Blickwinkel einzunehmen, auf starre Konzepte zu verzichten, mich auf das Abenteuer einer flexiblen Selbst- und Weltwahrnehmung einzulassen.

 

Da man Formen auch als „eingefrorene Bewegungen“ sehen kann, beginne ich oft völlig absichtslos mit einigen, momentan für mich stimmigen Bewegungsimpulsen. Gerne verdichten diese sich in der Folge zu vernetzten, komplexen Strukturen, zu „Geweben des Lebens“, wie ich sie, - übrigens ganz unabhängig von Hans Peter Dürr und anderen Quantenphysikern und Wissenschaftlern -, irgendwann nannte. 

 

Wenn es für mich ein Ziel beim Malen gibt, dann ist es das Heitere. (Auch wenn sich der Weg dorthin manchmal gar nicht so anfühlt.) Und das wirklich Schöne natürlich, das es am Rande des Chaotischen einzufangen gilt. Und ein Geheimnis ist, das sich offenbart – oder auch nicht.

 

Manchmal zeigt sich in einem anfänglich chaotischen „Farben- und Formen-Kompost“ zufällig eine Andeutung irgendeiner Gegenständlichkeit. Unter gewissen Umständen gehe ich dem auch mal nach und schenke ihm peu à peu die Sichtbarkeit. Im Grunde aber untersuche ich lieber das Zusammenwirken der Kräfte von Farben und Formen an sich, d.h. jenseits des Gegenständlichen.

 

Die bewußte Einbindung von Zufall spielt in meiner Malerei eine große Rolle. Die Entscheidung jedoch darüber, was bleibt und was nicht, was dem hinzugefügt oder was noch ausgearbeitet wird, ist das Ergebnis oft stunden- und tagelangen Schauens, Spürens und Abwägens.

 

Ich liebe es auch mit beweglichen Teilen zu spielen. Deshalb verwende ich in meinen Kompositionen gerne Fundstücke, Collage-Elemente, deren harmonisches Zusammentreffen normalerweise höchst unwahrscheinlich ist. Im Bild passiert dann aber oft genau dieses Unwahrscheinliche: ein einzigartiges, in sich stimmiges, neues Ganzes entsteht, ohne daß es je planbar gewesen wäre. Daher ist für mich jedes Bild, das ich male, ein neues Abenteuer der Schöpfung selbst. Jenseits von Worten mag es vielleicht daran erinnern, um was es letztlich für alle von uns gehen könnte und wie wichtig ein sorgfältiges, kreatives Miteinander grundsätzlich ist.

 

© Susanne Hauenstein, August 2021


40 Jahre Malerei
Ich feiere ein Jubiläum. Vor genau 40 Jahren begann ich auf Elba/Italien zu zeichnen und zu malen. Was damals plötzlich an Bildern  aus mir "herausbrach" war so ganz anders, als alles was ich während meiner Schulzeit zustande gebracht hatte. Die Ermunterung dazu - und dann Kunst zu studieren! - verdankte ich dem dort lebenden, deutschen Maler Fritz Hagl (1928 - 2002).  Er war mir ein wichtiger Mentor und lieber Freund. Ihm und seiner Frau Nicole verdanke ich unendlich viel.
© Susanne Hauenstein, 2018


Susanne's Manifest
Meine Bilder entstehen in Andechs, in meinem „Künstlerhaus im Zaubergarten“, in dem ich seit über 30 Jahren lebe. Die Motive meiner Bilder deuten zwar nur selten direkt auf ihren Entstehungsort hin, aber hier finde ich die Ruhe für das, was mir so wichtig ist: Ich möchte mich täglich an eine heitere Verbundenheit mit dem LEBEN erinnern. Meine Malerei dient mir dabei als persönliche Erinnerungskultur, sie ist mein Yoga, meine Mediation, mein Gebet. Ich male so lange an einem Bild, bis ich in den Spiegel dieser heiteren Verbundenheit blicke und sie mich anlächelt. Dabei kann die Suche danach völlig konträr beginnen und mich sehr fordern. Manchmal gelingt es schnell und leicht. Wenn ich ein fertiges Bild nach Monaten wieder betrachte und erlebe dabei noch immer diese Qualität, dann ist es für mich ein gutes Bild.

© Susanne Hauenstein, 2017


Ein gutes Bild...

Ein gutes Bild ist kurz davor, den Betrachter zu beunruhigen.
Es enthält quasi eine „homöopathische“ Dosis der Beunruhigung.
Die Wirkung dabei ist höher, tiefer und weiter als bei Werken, die offensichtlich provozieren wollen, die mit Gewalt gegen die Oberflächlichkeit des Allzu-Schönen angehen.
Ein gutes Werk ist eigenartig schön. Es wirkt nicht einlullend, sondern regt den Geist und das Gemüt dauerhaft an.
Weil es dieses gewisse Maß an Ungleichgewicht und Disharmonie enthält,  verhindert es die Erstarrung des Schönen und damit seinen Absturz in die Bedeutungslosigkeit.
© Susanne Hauenstein, 12.7.2016


Aus meinem Tagebuch
Ich male so lange an einem Bild, bis ich es ganz loslassen kann, bis es mir nicht mehr gehört, bis ich durch den Prozeß des Malens über mich selbst hinaus gewachsen bin. Bis mein Selbstausdruck nicht mehr mir gehört, sondern allen. Bis ich mich wieder ganz zurückgezogen habe aus dem Bild.
Zuerst diese völlige Hingabe an das Bild, das Hineingeben der persönlichen Regungen, Empfindungen, Bewegungen… Dann tritt ein Ordnen und Sortieren ein.

© Susanne Hauenstein, 15.7.2011


Das Leben ist groß

Das Leben ist groß, stark, schön und wundervoll.
Und schmerzhaft, schrecklich und unberechenbar.
Es ist zerbrechlich wie ein Butterkeks.
Wir leben am tiefsten Abgrund und gleichzeitig
dem Himmel so nah.

Meine Bilder handeln davon,
wie ich den Tanz des Lebens wahrnehme.
Sie erzählen, wie sich immer wieder neue,
rhythmische Ordnungen bilden und auflösen, sich
gegenseitig beeinflussen, sich durchdringen,
Spannungen verstärken oder abschwächen, wie
Dinge miteinander oder gegeneinander
schwingen.
Nirgends ist nichts.
Immer und überall ist irgendetwas.
Alles schwingt. Alles fließt. Alles tanzt den
verrückten, rätselhaften Lebenstanz.
Miteinander, gegeneinander.
Am Ende immer füreinander.

© Susanne Hauenstein, 2011



Rhythmen des Lebens
Gedanken zur Malerei und meinen aktuellen Bildern

Farben sind Kräfte. Formen sind Kräfte. Unterschiedliche Farben und Formen bringen unterschiedlich wirkende Kräfte hervor. Mit diesem, ja im Grunde "magischen Wissen" bringen malende Menschen seit Zehntausenden von Jahren die wundersamsten Bildnisse hervor, um ihren Welt-Anschauungen Ausdruck zu verleihen. Und immer tun wir dabei Eines: wir wollen der überwältigenden Größe des Lebens, die wir als CHAOS empfinden, einen KOSMOS abringen. Kosmos bedeutet "Ordnung" - interessant, nicht wahr? (Daher ist auch nicht erstaunlich, daß Religion, Wissenschaft, Philosophie und Kunst alle dieser einen Wurzel, diesem Bedürfnis nach Sicherheit und Ordnung entspringen.)
In der ungegenständlichen, der sogenannten "abstrakten" Malerei untersuchen und "ordnen" wir die Kräfte der Formen und Farben an sich. Deshalb verzichten wir gerne auf das Erzählerische, das Gegenständliche/Figürliche. Obwohl die Kräfte von Farben und Formen natürlich in allen Bildern wirken, auch in den erzählerischen. Nur wirken sie dort „verkleidet in Geschichten“, wenn man so will.

 

Ornamente
Im ornamentalen Gestalten der Kulturen aller Zeiten finden wir genau wie in der Natur, Ordnungen, die die Rhythmen des Lebens in großer Vielfalt sichtbar machen.

Die Rhythmen des Lebens zeigen sich natürlich auch in Musik und Tanz.
Da wir heute - global gesehen - von einem "aperspektivischen Weltbild" ausgehen müssen - es gibt viele Standpunkte, die sehr unterschiedliche Blickwinkel auf die Welt und das Leben liefern (und derzeit mehr oder weniger erfolgreich nebeneinander existieren) - kann der zeitgemäße Umgang mit dem Ornament einfach nicht mehr allein in einer linearen oder zentralistischen Anordnung (Mandala, Rosenfenster) oder in der Regelmäßigkeit eines Streumusters liegen, wie es über Jahrtausende üblich war. Jedenfalls nicht, wenn ich das Leben in seiner ganzen (mir erkennbaren) Fülle betrachte und widergespiegelt finden möchte.

In meinen freien, ornamentalen Arbeiten, die seit Herbst 2009 allmählich entstehen, ergänzen sich deshalb die tanzenden Bewegungen der Formen und Farben (die seit den frühen 1980er Jahren in meinen Bildern auftauchen) mit meinen in der Ornamentik (seit 1992) gesammelten Erfahrungen. In diesen Bildern erkenne ich das Leben wieder, wie ich es wahrnehme: Als einen ewigen Tanz von pulsierenden Kräften, die sich anziehen und abstoßen, die mit einander schwingen, sich zu größeren Gebilden/ Gemeinschaften verbinden, gleich sind, gegensätzlich sind, usw.
© Susanne Hauenstein, 2011


Venus und Mars in der Kunst
Einige Gedanken zu meiner Verbindung von Ornament und Expressionismus

Die Venus: Symbol für das Weibliche, die Liebe, den Eros, die Schönheit, Ästhetik, Zierde, Ausgeglichenheit, Harmonie. Klassisch gesehen ist sie sogar Symbol für die KUNST an sich.
Heute jedoch strebt die Kunst nach mehr: Sie spiegelt Leben in all seinen Facetten. Das Venusische allein genügt nicht mehr, da es nur einen Teil des Lebens umfaßt.
Seit einigen Jahrzehnten hat sich daher auch im künstlerischen Ausdruck der Mars zur Venus dazu gesellt. (In den erzählerischen Inhalten  von Kunstwerken waren beide immer schon präsent – von den Jagdszenen der Höhlenmalerei bis zu den gewaltreichen, mythologischen oder biblischen Inhalten der Renaissancemaler.)
Der Mars: Symbol für das Männliche, die ungerichtete, unkontrollierte Energie, die Lebenskraft an sich, wie wir sie in Lebenslust, Spontaneität und Sexualität, aber auch im Aggressiven und Kriegerischen finden.
Überwiegt das Venusische in der Malerei, empfinden wir heute ein Bild schnell als „zu dekorativ“.
Überwiegt das Marsische, wirkt ein Bild gewalttätig, plump, grob und lieblos: „Ist das Kunst oder kann das weg?“ – Natürlich empfinden die Menschen hier, ihrer jeweiligen Natur und Bildung entsprechend, ganz unterschiedlich.

Es waren die Expressionisten, die vor über hundert Jahren bereits die „Reise zum Mars“ begannen. Plötzlich entstand eine malerische Ausdrucksweise, die durch die Vitalität der Künstlerpersönlichkeiten selbst bestimmt wurde. Durch den Mut, den künstlerischen Selbstausdruck mit einfließen zu lassen, entdeckte man Schönheit dort, wo man sie nie vermutet hätte...

Später entwickelte sich der Abstrakte Expressionismus in den USA, die Informelle Malerei in Deutschland und der Tachismus in Frankreich. In dieser Art der gegenstandslosen Malerei ging es um die Energie, die in Formen und Farben an sich liegt und um die Schönheit, die im direkten, persönlichen Selbstausdruck sichtbar gemacht werden kann. Ihre Ursache lag nun in der Bewegung, in der Geste des Künstlers selbst. Ein Interviewer fragt Jackson Pollock: "Malen Sie Natur?" Er antwortete: "Ich bin Natur!"

Die Künstler haben seither immer wieder den „Mars in der Kunst“ verstärkt, wenn künstlerische Vorstellungen  - ästhetischer oder intellektueller Art - zu „diktatorisch“ zu werden drohen.
Endlose Diskussionen über „la belle et la bête“ in der Kunst begleiten diesen Prozeß. Die Schöne und das Biest: erst als sie (die Venus) Mitgefühl für das wilde Tier (den Mars) empfindet – und keine Angst mehr vor ihm hat! -, und es umarmt, wird es erlöst und zum – ebenfalls – Schönen an ihrer Seite. Voilà…!

Im ornamentalen Gestalten der Kulturen aller Zeiten finden wir genau wie in der Natur, ORDNUNGEN, die die RHYTHMEN des Lebens in großer Vielfalt sichtbar machen.
Da wir heute - global gesehen - von einem "a-perspektivischen Weltbild" ausgehen müssen - es gibt viele Standpunkte, die sehr unterschiedliche Blickwinkel auf die Welt und das Leben liefern (und derzeit mehr oder weniger erfolgreich nebeneinander existieren) - kann der zeitgemäße Umgang mit dem Ornament nicht mehr allein in einer linearen oder zentralistischen Anordnung (Mandala, Rosenfenster) oder in der Regelmäßigkeit eines Streumusters liegen, wie es über Jahrtausende üblich war. Jedenfalls nicht, wenn ich das Leben in seiner ganzen (mir erkennbaren) Fülle betrachte und widergespiegelt finden möchte.

In meinen freien, ornamentalen Arbeiten, ergänzen sich die tanzenden, spontanen Bewegungen der Formen und Farben, die seit den frühen 1980er Jahren in meinen Bildern auftauchen (Messpainting), mit meinen seit 1992 mit der Ornamentik gesammelten Erfahrungen. In den neuen Bildern erkenne ich das Leben wieder, wie ich es wahrnehme: Als einen ewigen Tanz von pulsierenden Kräften, die sich anziehen und abstoßen, die mit einander schwingen, sich zu größeren Gebilden/ Gemeinschaften verbinden, gleich sind, gegensätzlich sind, usw.
Während ich an den hier gezeigten Bildern male, begegnen mir Mars und Venus in spontan entstehenden, rhythmischen Ordnungen.
© Susanne Hauenstein, 2011


Über die Freundschaft  zwischen Künstler und Unbewußtem

Vielleicht fühlen sich deshalb so viele Menschen zur Kunst hingezogen, weil sie Sehnsucht nach dem haben, was für Künstler so selbstverständlich zu sein scheint: die Verständigung, ja oft sogar Freundschaft mit dem Unbewußten. Kandinsky sagte: „Wenn der Künstler ein Bild macht, ‚hört‘ er immer „eine Stimme“, die ihm ‚richtig‘ oder ‚falsch‘ sagt. Wenn die Stimme zu undeutlich wird, muß der Künstler die Pinsel zur Seite legen und warten.“
Das Warten-Können wird oft als eine notwendige Eigenschaft im Umgang mit dem Unbewußten beschrieben. Dem Ungeduldigen bleibt das Lauschen auf die Stimme in seinem Inneren fern.
Außerdem braucht es Mut, - vielleicht sogar eine gewisse Frechheit - und Neugier  im Umgang mit dem Unbewußten. Weil in diesem riesigen Reservoir nicht nur Schätze wie etwa Intuition, Spontaneität, Kreativität und Problemlösungen schlummern, sondern auch das, was ich verdränge und mir Angst macht. Das, wovor ich weglaufe.
Die Künstler unserer Tage sind mutige Seelen-Pioniere. Sie riskieren viel, oft alles, sogar die „Kunstlosigkeit“ ihrer Kunst, d. h. sie verzichten, wenn nötig, auf ihre erlernte Geschicklichkeit, wenn sie diese bei ihren „Tauchgängen“ hinter sich lassen müssen, um Lösungen für ihre kreativen Fragen zu finden. Wenn Kunst auch heute noch magisch wirkt, dann deshalb.

Ich selbst habe in den vergangenen 33 Jahren viele Aspekte der Malerei kennengelernt. Immer wieder stellte ich dabei fest, daß sich auch mein Malen am liebsten direkt aus dem Unbewußten nährt, so wie ganz am Anfang, als ich 1978 in der Obhut des Malers Fritz Hagl auf Elba mit den ersten Tuschezeichnungen begann.
© Susanne Hauenstein, 2011


Über meine Malerei
Hier finden Sie weitere Gedanken darüber, was in mir vorgeht, wenn ich male. Wenn ich frei male.
Wenn ich mich mit einem Auftrag beschäftige, so ist die Vorgehensweise eine ganz andere, sie ist viel rationaler, da ich dann ganz zielorientiert arbeite. Die beiden Arten zu malen sind überhaupt nicht miteinander zu vergleichen.
Denn vergessen Sie nicht, dass die Kunst nur ein Weg ist, nicht ein Ziel“,
hat Rilke geschrieben. So sehe ich das auch. Im Übrigen glaube ich nicht, dass wir unser Leben in der Hand haben. Es hält uns in SEINER Hand. So wie durch jeden Künstler auch nur das kommen kann, was das Leben in ihn hineingelegt hat.
Kunst handelt vom Suchen und Finden der Wahrheit. Diese gefällt oder gefällt nicht. Je nachdem welcher Aspekt von Wahrheit durch den jeweiligen Künstler/ die jeweilige Künstlerin gerade offenbart werden soll. Da haben wir keine Wahl.
Was hat das Leben in mich hineingelegt? Was drängt als Kunst aus mir heraus?
Da ist zuerst einmal Chaos, Orientierungslosigkeit. Formlosigkeit, Ungreifbarkeit. Unsicherheit. Alles ist möglich, aber da ist vorerst nichts, das Halt gibt, niemand der eine Entscheidung trifft. Kein Anfang, kein Ende, keine Struktur, keine Gesetze. Und doch –-„Etwas“ ahnt Ordnung, ahnt verbindende Kräfte, ahnt Liebe, ahnt selbst – Gott. Nur – wo?
1983 dann Messpainting (nach Wolfgang Luthe) – ich beginne dem Chaos selbst Ausdruck zu verleihen. Bewältigung des Überwältigt-Seins. Aus Chaos wird Kosmos. Allmählich, über die Jahre werden Ordnungen erkennbar. Die „fliegenden, tanzenden Formen“ entstehen – sie erscheinen wie abstrakte Malerei, im Grunde aber sind sie einfache, erste Formen des Lebens.
Atome, Bakterien, Amöben, … Rhythmen entstehen, Klänge, Resonanzen. Formen kristallisieren sich heraus – gesponnen aus den Bewegungen des Lebens selbst. Erste Ahnungen von Wesen und Gegenständen erscheinen in den Bildern, Fisch- und immer wieder Vogelartiges. Mit der Zeit betreten auch komplexere Geschöpfe die Bühne. Geschichten beginnen sich zu formulieren, Märchenhaftes steigt auf. Das Einfache und Wesentliche daran erlebe ich als beruhigend, kraftvoll und erlösend.
Wie ein Kind, das im Mutterleib alle Stadien der Evolution durchläuft, so durchlaufen die Bilder meiner Freien Malerei den Weg der Schöpfung.
Heute beginne ich mit einer Verbeugung vor dem Chaos – dann erlaube ich ihm, sich im Prozeß des Malens zu zeigen und zu ordnen. – Tatsächlich liegen große Schätze im Chaos verborgen! – Oft male ich lange ohne zu wissen, was entstehen wird. Ein Bild ist fertig, wenn ich Leichtigkeit und Liebe gefunden habe. Dann staune ich und erfreue mich daran.
© Susanne Hauenstein 2005


Rot, Gelb, Blau
Naivität, wo sie in mir selbst beim Malen auftaucht, begrüße ich und prüfe ich und sie fühlt sich fast immer echter und authentischer an als irgendein raffiniertes Gekünstel oder vorstellungsgebundene Intellektualität.
In letzter Zeit male ich häufig nur mit den drei Grundfarben plus Schwarz und Weiß. Mir gefällt diese Einfachheit – und welche Möglichkeiten sich in ihr verbergen.
Ich bin eine Simplify your Life – Anhängerin – und finde sie auf diese Weise sogar in der Malerei.
© Susanne Hauenstein, August 2004


Stille Bilder
Ich habe nichts dagegen, wenn man meine Bilder als stille Bilder bezeichnet. Ich übermale das Schrille, Chaotische, Aufgeregte meiner vorübergehenden inneren Verfassungen so lange, bis etwas bleibt, das mir erhaltenswert erscheint. Und Stille ist für mich ein wunderbares Ergebnis. Oder auch die Poesie. Immer noch und nach wie vor. Die Welt ist laut genug. Ja, vielleicht möchte ich durch meine Bilder der Welt ein wenig Stille zurückgeben. Stille, in der das Eigentliche wieder aufscheinen kann.
Künstlerisch tätig sein in unserer Zeit heißt für mich vor allem, dass wir mutig genug sind, das wieder zu beseitigen, ja zu zerstören, was nicht echt ist, was verlogen ist. Wir sind Entlarver, Aufdecker, Detektive, Aufspürer falscher Bilder, falscher Werte.
Die eigentliche Arbeit des Künstlers/ der Künstlerin unserer Zeit besteht darin, die Bilder der Welt zu reinigen.
© Susanne Hauenstein, 19. September 2003


Poesie und gestischer Ausdruck
Meine Bilder spannen einen Bogen vom Schwerpunkt meines freien, künstlerischen Schaffens, - der Poesie - , zurück zum sichtbar gebliebenen rein gestischen Ausdruck, der fast allen Bildern zuerst einmal zugrunde liegt. Die spontane Geste dient somit entweder als Grundlage für spätere Übermalungen - oder sie wird, nach mehreren Durchgängen, selbst Bild.
Meine „Objets trouvés“ sind die Formen, die aus der Tiefe des Unbewußten aufsteigen, die der Spontaneität meines körperlichen Ausdrucks erwachsen und mir „zufall-en“.
© Susanne Hauenstein, April 2000


Was ist Schöpfung?
Geschehenlassen. Absichtslosigkeit. Bei dem Ganzen bewußt dabei sein. In ständiger Rückkoppelung mit dem eigenen inneren Empfinden sein. Aufhören, wenn dem nicht so ist. Vorstellungen von künstlerischen, gewohnten, anerkannten Standards loslassen - immer auf die Gefahr hin, mißverstanden zu werden, was schmerzt. Der Freude auf der Spur ist höchster Maßstab. Von Augenblick zu Augenblick gleiten, Prozesse im Auge, aber lange keine Ergebnisse.
Lachen und albern Sein. Kindlich sein ohne es sein zu wollen. Naivität, wo sie durchbricht aus alter Zeit, zulassen. Gestalterische Brüche hinnehmen, weil etwas stimmen kann, auch wenn es nicht stimmt. Zwiesprache halten mit den entstehenden Inhalten der Bilder. Aha, so so! Neugierig sein. Einfach sein. Tollpatschig sein, oder raffiniert-geschickt. Unverkrampft sein. Leicht sein. Abenteuerspielplatz. Persönlich-unpersönlich sein. Arbeiten bis der Klang der Bilder stimmt.
Transformative Prozesse. Seelenarbeit. Seelenbabies. Ergebnisse der Erlebnisse. Natürlich, ja, die Komposition:- die Kommunikation der einzelnen Teile untereinander - die Weise, wie sie sich verbinden, Einheit werden. Gruppendynamik. Die Vielfalt sprechen lassen - ein Sack voller Flöhe und Reichtum zugleich. Staunen. Platz geben. Beiseite treten. Was will da werden?
Was ist Schöpfung? Plötzlich dann das Sich-Fügen aller Teile unter einem Geist, einer gemeinsamen Idee. Der Sinn der sich entfaltet. Kein Programm! Kein „hartes Arbeiten an der Form“! Eher Suchen und Finden. Abwarten. Den richtigen Zeitpunkt erkennen. Plötzlich entscheiden. Zuschlagen. Gesellschaften geben auf dem Papier. Begegnungsmöglichkeiten schaffen. Am Ende - alle verwandelt (wie bei „Babettes Fest“). Elemente aus der UR-“SUPPE“ werden UR-BILD.
© Susanne Hauenstein, 9.12.98


Kunst ist kein Pferd, das ich reiten kann, sondern ein Ozean, in den ich hineinspringen muß.

© Susanne Hauenstein, 1992


Zur freundlichen Beachtung

Das Kopieren und Zitieren meiner Texte - auch auszugsweise - bitte nur nach Absprache!

DANKE.